Mutterleseglück – Teil 2: Mehr oder weniger Frau

Nun zu den Büchern!

Mein Lesegeschmack hat sich in der Schwangerschaft ebenso verändert wie mein kulinarischer. Die neue Sensibilität verbot mir Mord, Totschlag, Gewalt, Gemeinheiten und Politik. Gleichzeitig suchte ich nach einem gewissen Anspruch. Ich wollte Bücher, in denen Frauen im Mittelpunkt stehen, denn niemals habe ich mich mehr als Frau gefühlt, als in der Schwangerschaft. Ich wollte, dass auch in den Romanen, die ich las, Frauen ernst genommen werden. Dass sie nicht als hübsches Beiwerk oder in den Hinterzimmer vorkammen. Ich wollte starke Frauen. Ich wollte wissen, wie sich diese Frauen gefühlt haben, welchen Weg sie gegangen sind, wie es ihnen erging. Denn selber schlug ich gerade einen unbekannten Weg ein, und manchmal machte mir das Angst. Da suchte ich in den Frauengeschichten Trost.

Natürlich werden auch in der Literatur Produkte für den schwangeren Markt entwickelt. Das ist allerdings ist nicht unbedingt das, was ich unter ein wenig anspruchsvoll verstehe. Die Bücher sind am ehesten mit den deutschen Liebesfilmen zu vergleichen, bei denen Sophie Schütt die Hauptrolle spielt. Amazon beschreibt die Bücher mit „eine runde Sache“: Ein frischer, vergnüglicher und berührend ehrlicher Countdown über die unvergleichlichsten neun Monate im Leben einer Frau. Und ein leichter und trendiger Beziehungsroman der ganz besonders liebevollen Art. Übersetzt heißt das Klischees und Happy End mit dem richtigen Mann. Nein, danke, lieber nicht!

Die folgende Zusammenstellung ist weit von Vollständigkeit entfernt. Daher ist es leichter für mich nach dem Ausschlussverfahren zu arbeiten. Zäumen wir also das Pferd von hinten auf: Welche Lektüre würde ich nicht empfehlen?

Politische Romane, Thriller und Krimis sind nicht zu empfehlen. Ich drückte mich monatelang um Patricia Highsmith „Zwei Fremde im Zug“ herum. Ich habe es mehrmals begonnen, schaffte es aber nicht es weiterzulesen, weil mich die Gemeinheit, die Brutalität der Menschen nicht interessiert hat. Auch „Der Pate“ von Mario Puzo, den ich als Film liebe, liegt ungelesen am Bücherstapel. Doch auch die Filme oder meine absolute Lieblingsserie „Sopranos“ hätte ich nicht schauen wollen. Interessanterweise bin ich aber in der Schwangerschaft in „Twin Peaks“ gekippt. Da gibt es zwar auch einen Mord und etliche Grausamkeiten, aber das Böse ist abstrakter und ist nicht ganz von dieser Welt.

Das Genre des Büroromans kann auch problematisch sein, vor allem, wenn Ihnen der Abschied aus dem Büro so schwer fällt wie mir. Mir war die letzte Arbeitswoche ständig zum Heulen, weil mir bewusst wurde, so wie jetzt wird es nie wieder sein. Heben sie sich Joshua Ferris: „Then we Came to the End“ (Auf Deutsch: Wir waren unsterblich) für ihren Wiedereinstieg auf.

Hände weg von Identitätsfindungsliteratur oder Literatur von jungen Männern, die sich brüsten lässig und extrem erwachsen zu sein, aber wegen jedem Problem aus ihrer WG, also aus ihrem noch jungem eigenständigen Leben, ins schützende Elternhaus flüchten (Bsp: Clemens J. Setz: „Die Frequenzen“). Auch Romane, in denen männlichen Autoren mit Wissen angeben, sollte man meiden (Bsp: Daniel Kehlmann: „Die Vermessung der Welt“), hier hat ohnehin keine Frau Platz.

Auch Selbstfindung auf Reisen (Elizabeth Gilbert: Eat, Pray, Love) ist ein falscher Ansatz. Bei seinem solchen Buch bekommt man nur Sehnsucht nach der Ferne, die man derzeit nicht haben kann, weil man sich fürchtet zu weit von seinem Spital weg zu sein, wenn es mit den Wehen losgeht.

Es gibt aber Reiseliteratur, die sich eignet, und die Mut macht. Und nun endlich die erste Empfehlung: Milena Moser: „Flowers in Your Hair“. Das Buch beschreibt, wie die Schweizer Autorin Milena Moser (http://www.milenamoser.com/index.php?id=10) mit ihrer Familie ein Jahr in San Francisco lebt. Ich weiß, dass ich so schnell nach San Francisco kommen werde, aber die lebendige Beschreibung von Milena Moser, hat mir die Stadt, in der ich 1997 schon einmal war, nach Hause geholt. Das Buch macht Mut, dass man trotz Kinder noch so flexibel sein kann, für ein Jahr in ein anderes Land zu gehen und das Leben dort zu versuchen.