Mutterleseglück – Teil 3: Schwangere Männer

Man sollte sich nicht durch Titel fangen lassen. Peter Henischs „Schwangere Madonna“ ist eigentlich eine Lolitageschichte eines lüsternden, alten Autors. Ob die junge Protagonistin wirklich schwanger ist, wird im Buch zweitrangig.

Achtung Baby!

Ein Titel, der hält was er verspricht, ist das Buch mit dem autorisierten U2 Titel „Achtung Baby!“ von Michael Mittermeier. Das Buch mit dem ist zwar kein Roman, aber auch kein Ratgeber. Der Kabarettist Mittermeier fasst seine persönlichen Erlebnisse zusammen. Er und seine Frau Gudrun haben nach 18 Jahren Ehe ein kleines Mädchen bekommen: Lilly. Er beschreibt dabei die Änderungen in seinem Leben und im Leben seiner Frau durch die Schwangerschaft, aber auch als frischgebackene Eltern. Die neuen Essgewohnheiten (Fleisch muss sofort erscheinen und Mutation zum süßen Krümelmonster) oder der gesteigerte Geruchssinn (Einsatz von Schwangeren als Drogenspürhunden) werden erläutert. Bei der Lektüre musste ich ein paar Mal laut lache, obwohl mir der Mittermeier sonst nicht liegt.

Er warf dieselben Frage auf, die ich mir auch schon gestellt hatte. Wozu bitte braucht man bei einer Geburt heißes Wasser und Handtücher? Damit sich die Hebamme einen Entspannungstee machen kann und sich den Schweiß mit Handtücher von der Stirn wischen kann? Damit das Baby gleich gewaschen werden kann? Aber eine Geburt kann Stunden dauern, da ist das Wasser nicht mehr heiß oder wenn es noch heiß wäre, würde es das Baby verbrühen. Nimmt man sie, damit man die Sauerei nachher aufwischen kann? Bräuchte das Wasser dann nicht einen Schuss Reinigungsmittel und wären nicht Putzfetzen besser als Handtücher? Mittermeier beantwortete er diese Fragen leider auch nicht, denn von der eigentlichen Geburt wird der Leser ausgeschlossen, was ich gut finde.

Beste Jahre

Natürlicherweise haben Männer mehr Zeit, als Frauen sich literarisch mit der Schwangerschaft zu beschäftigen. In neun Monaten ist kein Buch fertig zu bekommen, und dann hat eine Frau mit dem Baby zu tun. John von Düffels Roman „Beste Jahre“ lässt vom Titel her nicht vermuten, dass es in diesem Roman hauptsächlich um Schwangerschaft und in weiterer Folge der Fruchtbarkeit geht. Die Hauptfigur, ein Schauspieler um die Vierzig und seine ca. gleich alte Frau Lisa wissen noch gar nicht, dass sie sich ein Baby wünschen, als sie in eine Wohnung mit Kinderzimmer ziehen. Auf natürlichem Weg will es nicht klappen, aber mittels künstlicher Befruchtung ist Lisa bald guter Hoffnung. Der Arbeitsname des Babys bleibt aber weiterhin Obsklappt, denn ab 35 wird die Schwangerschaft als Risikoschwangerschaft eingestuft. Die Gefühle des werdenden Vaters, werden detailgenau und liebevoll geschildert. Die Änderungen im Leben werden genau beobachtet. Als zweiter Erzählstrang wird die Freundschaft zwischen dem Schauspieler und seinem ehemaligen Schulkollegen beleuchtet, die zum Schluss in einen Art Fruchtbarkeitskampf endet. Im großen und ganzen ein schön geschriebenes Buch. Zudem ist der Text handwerklich gut gemacht. Der Autor wechselt so geschickt von der Er- Erzählperspektive zur Ich-Erzählung, dass ich bis zum Schluss nicht ganz sicher war, aus welcher Perspektive eigentlich erzählt wird. Denn auch der Erzähler ist sehr nahe an der Hauptfigur dran.

Frauen können sich mit Hilfe diese Textes vielleicht etwas mehr in die doch oft verschlossenen Gefühlswelt von Männern hinein versetzen.