Besser als gut genug

Gut genug ist ein gutes Motto für junge Eltern und auch ein passender Titel für eine Erzählung über eine erste Elternschaft.

Birgit Vanderbeke Gut Genug

In „Gut Genug“ von Birgit Vanderbeke hat die Mutter und Erzählerin der Geschichte ein wenig Kraft über. Sie ist also nicht ganz ausgelastet und entscheidet sich daher für ein Kind, obwohl es in den Achtzigern gar nicht in Mode ist, Kinder zu bekommen. Sie weiß auch nicht, was auf sie zukommen wird, denn:

„Die meisten Kinder, die ich kannte, waren grässlich, aber ich kannte im Grunde keine.“

Eine der Hauptschwierigkeit für die Schwangere ist, am Leben zu bleiben, zumindest solange, bis das Kind alleine klarkommen kann. Selbstmord, Suff, Unfall oder Krebs sind daher für die weitere Lebensplanung ausgeschlossen. Bei Weltuntergang kann man nichts machen.

Doch schon das normale Geldverdienen klappt nicht wie geplant. Die Schwangerschaftshormone treiben die Mutter aus ihrem gehassten Job in einer Kanzlei. Sie hält sich mich gelegentlichen Tipparbeiten über Wasser, der Vater A.C., mit dem sie nicht verheiratet ist, mit Orgelspiel und Chauffeurdiensten.
Das erste Ultraschallbild zeigte einen hüpfenden Floh im Bauch, und der Name Flo bleibt dem Kind auch nach der Geburt. Das Atmen bei der Geburt klappte vor allem durch die eindringliche Stimme der Hebamme.

Der Text wirkt, als ob die Autorin mündlich erzählte, oft wird die Leserin auch direkt angesprochen und so in die Geschichte miteinbezogen. Die heiklen Themen der Schwangerschaft, wie die Fruchtwasserpunktion werden überspitzt, ironisch thematisiert, sodass einem das Lachen kommt, auch wenn das Thema an sich sehr ernst ist.
Auch die eignen Familie der Mutter kommt vor, sie mischt sich gerne in alles ein. Die Oma versucht heimlich das Kind zu erziehen, obwohl das von der Mutter verboten wurde. Die eine Tante kocht für für die gesamte Familie mit der Hilfe von unzähligen Töpfen nur 1 Portion. Und die andere Tante weiß theoretisch alles übers Kinderkriegen, weil sie ja fast Ärztin geworden wäre.
Und auch wenn es in dem Buch um eine Schwangerschaft in den Achtziger geht, trifft die Separierung der Menschen im gebärfähigen Alter in welche mit Kindern und welche ohne Kindern noch immer zu. Sodass eine Entscheidung für ein Kind mangels Erfahrung nur sehr blauäugig getroffen werden kann. Vielleicht kommt ja das Kinderkriegen wiedermal mehr in Mode.

Ich habe das Buch als sehr lustig empfunden, oft geschmunzelt und mich selbst wiedererkannt. Man braucht nicht einmal die gesamte Zugstrecke von Wien nach Graz, um es auszulesen, es hat nur 64 Seiten. Leider ist es als Druckwerk derzeit vergriffen und nur als E-Book zu bekommen.

Hier noch zur Illustration noch ein Auszug aus der ersten Nacht mit dem Baby:

„Wir sind vollkommen fröhlich gewesen, und haben abwechselnd die eine und die andere Spieluhr aufgezogen und gesungen, und immer wenn Papageno zu Ende war, ist A.C. Ins Zimmer gelaufen und hat nachgesehen, ob es noch lebt, und nach den Engelein war ich dran. Jedesmal hat es noch gelebt, und langsam sind wir müde geworden, weil wir draufgekommen waren, dass wir seit etwa dreißig Stunden nicht mehr geschlafen hatten. Es hat uns ziemlich gefehlt. Als das Kind wach geworden ist, haben wir wieder nicht gewusst, ob man es zuerst trinken lassen oder lieber wickeln soll; wir dachten, wenn es zuerst trinkt, schläft es danach wieder ein und irgendwann kannst du es auswringen, weil es schon beim letzten mal durch und durch nass war, deshalb haben wir es diesmal listig andersherum gemacht, und es hat wieder so geschrien, dass es rot und dunkelrot und fast blau dabei wurde.“


Birgit Vanderbeke
„Gut genug“
ISBN 9783880223981
Rotbuch Verlag
112 Seiten
Derzeit leider nicht verfügbar.
7,60 € (D)