Mein Jahr der Fülle

Vor etlichen Jahren nahm ich an einem Glücksseminar teil. Das hatte die Firma, für die ich arbeite im Bildungsplan angeboten, und ich war gleich begeistert. Denn ich war damals sehr glücklich (frisch verliebt, mit Aussicht auf eine schöne Wohnung und eine Arbeit, die mir Stabilität und Sicherheit gab) und ich wollte diesen Zustand möglichst erhalten.

Das Fülledenken

Ich erinnere mich noch an die positive Stimmung im Seminar, viele Übungen und Ansätze, die ich für sinnvoll erachtet habe, aber nur einen Gedanken ganz konkret: das Fülledenken. Das Fülledenken meint das Fokussieren auf dem was man hat, im Gegenteil zum Mangeldenken, wo man feststellt, was einem noch alles fehlt. Das Fülledenken bringt einem dazu dankbar zu sein, für alles was einem im Leben begleitet, seien es materielle Dinge, oder auch Personen, Tiere oder die Natur.
Ein Beispiel, dass die Trainerin Edith Bayer brachte, war ein Ansatz, den Mutter Theresa in Indien entwickelt hatte. Sie gab armen und hoffnungslosen Jugendlichen fünf trockene Bohnen, und immer wenn sie etwas positives erlebten, sollten sie eine Bohne von der einen Hosentasche in die andere stecken. So wurden über den Tag positive Erlebnisse gesammelt, die dank der Bohnen nicht gleich wieder in Vergessenheit gerieten und die man am Abend gedanklich wieder aufrufen konnten und dafür dankbar sein konnte. So funktioniert Fülle.

Ich habe lange überlegt, wie ich meinen Jahresvorsatz nennen will: „Ich kauf‘ nix-Jahr“ oder „Mein Jahr des Konsumverzichts“. Nun habe ich mich auf „Mein Jahr das Fülle“ festgelegt, denn die Bezeichnung hat nicht den Ansatz des Verzichts und der Mäßigung im Namen, sondern strahlt positiv. Ich will das wertschätzen, was ich schon habe. Ich brauche in dem Jahr nichts Neues, um glücklich zu sein. Ich will erfahren, wieviel ich habe. Ich will spüren, wie gut es mir geht. Und die Fülle, die ich meine, ist kein Anhäufen, keine Sammeln von neuen Dingen. Es ist ein Feiern der lieben Dinge, die nutze und besitze.

Konsumverzicht

Ich habe mir vorgenommen, nichts Neues über einen Wert von 25 € mehr zu kaufen.

Dabei geht es mir nicht um den finanziellen Aspekt. Mir geht es Gott sei Dank so gut, dass mir nichts Materielles fehlt. Das Geld, dass ich mir damit spare, werde ich in Erlebnisse investieren.

Mir geht es bei dem Jahr des Konsumverzichts um den Umweltschutz und die Wertschätzung des eignen Besitzes. Meiner Wohnung sieht man noch nicht an, dass ich innerlich Minimalistin geworden bin. Viel zu viel Zeug steht und liegt herum, obwohl ich mittlerweile schon in der zweiten Aufräumorgie nach Marie Kondo bin. Das Zeug soll weniger, hochwertiger und sinnvoller werden. Ich will Dinge, die ich vielseitig einsetzen kann, als Vase und als Wasserkrug und als Gießkanne. Als Babybadewanne und Wäschekorb. Vieles will ich aussortieren.

Muss ich die Umweltschutzgründe noch erklären? Ist es nicht jedem/jeder mittlerweile klar, dass wir zuviel besitzen? Dass die Herstellung unserer Konsumgüter und deren Transport CO2 – Emmissionen verursachen, die wir wegen der daraus resultierenden Klimaerwärmung gar nicht brauchen können? Dass wir Plastik in Hülle und Fülle herstellen und noch keine Idee haben, was daraus wird, wenn wir es nicht mehr brauchen? Dass Mode eine Erfindung ist, um unseren Konsum anzuregen?
Das alles brauchen ich nicht. Da mache ich nicht mehr mit.
Mein Jahr der Fülle ist ein Versuch, etwas gegen den permanenten Konsumzwang zu tun. Nicht nur für mich, sondern auch für meine Kinder, und deren Kinder, und deren Kinder. (- Ja, abgedroschen, aber wahr, oder?)

Das passende Buch zu diesem Vorhaben ist sicher „Ich bin raus“ von John Wringham. Deshalb verknüpfe ich diesen Artikel im Rahmen von „Lesen und Tun“ miteinander.

Pyramide des nachhaltigen Konsums

Hier findest die im Internet kursierende Pyramide des nachhaltigen Konsums, an der ich mich orientieren werde. (Betreffend Copyright konnte ich nur die Designerin der englischsprachigen Version ausfindig machen: SarahL.com)

Pyramide des nachhaltigen Konsums

Ich werde versuchen, den Vorschlägen der Pyramide soweit als möglich zu folgen:

  • Verwenden, was ich habe
  • Borgen
  • Tauschen
  • Gebraucht kaufen
  • Machen
  • und dann erst, wenn mir gar nichts mehr einfällt, kaufen.

Kaufen werde ich natürlich möglichst nachhaltig. Einige Ausnahmen werde ich mir genehmigen:

  • Lebensmittel: ich werde versuchen, möglichst unverpackt zu kaufen. Und auch regional. Der Zero-Waste-Einkauf einmal im Monat wird beibehalten, und bei genug Energie ausgebaut.
  • Herzenswünsche der Kinder
  • Geschenke: speziell für Freunde der Kinder zum Kindergeburtstag.
  • Arbeitsmaterial: wie zum Beispiel einen neue Computer für meinen Mann, oder den Austausch eines technischen Gerätes.
  • Unterhosen, Socken, BHs und dergleichen: die mag ich wirklich von niemandem übernehmen. Und herstellen kann ich es auch nicht selber. Wobei meine Schwägerin und ich gestern auf Pinterest geschmökert haben und Anleitungen gefunden haben fröhliche Unterhosen und nette BHs selbst zu nähen. Wobei das meine Nähfähigkeiten extrem herausfordern würden.

Mitmachen

Das schöne ist, dass meine Familie und ich schon eine Weile ganz grob nach der Idee leben und mein von Haus aus sparsamer und genügsamer Ehemann auch versprochen hat, wenn es nicht zu unbequem ist, mitzumachen. Auch die Kinder kann ich immer wieder zum Selbermachen begeistern.
Wo es wirklich schwer wird, sind Bücher. Ich werde auch keine Bücher mehr kaufen. Mein Billyregal, mein Mann und die Bücherei werden sich darüber freuen. Ich schaue dem ein wenig mit Sorge entgegen.

Aber das Jahr der Fülle ist einen Versuch Wert.
Ich hoffe auf mehr Kreativität. Ich hoffe auf neue Denkansätze. Ich hoffe auf viele schöne Erlebnisse. Ich hoffe auf mehr unverplante Zeit. Ich hoffe auf Wachsen und Lernen. Ich hoffe auf Zufriedenheit, mit dem, was ich habe. Ich hoffe auf Klarheit.
Ich hoffe auf ein ERFÜLLTES Jahr!

Und natürlich werde ich Dich auf dem Laufenden halten.

Hast du Lust mitzumachen? Vielleicht nur eine Woche? Einen Monat? Oder das ganze Jahr?
Hast du Ideen oder Tipps, die mir weiterhelfen könnten?
Schreib mir doch!