Margaret Atwood zeigt im Roman „Das Jahr der Flut“ wohin es mit uns Menschen gehen könnte und Yuval Noah Harari erzählt uns in „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ wie wir bis hierher gekommen sind.
Ich mag normalerweise keine Dystopien, also Bücher die in der Zukunft spielen und diese pessimistisch auslegen. Ich mag generell keine Science-Fiction-Romane. Doch wenn man den Bereich Romane und Umweltschutz betrachten will, führt kein Weg an diesem Genre vorbei. Denn mit diesen düsteren Weltunterganggeschichten kann man uns Menschen doch vielleicht ein wenig zum Nachdenken zu bringen. Denn meist spinnen diese Romane aktuelle Tendenzen unserer Gesellschaft einfach fort und zeigen uns, wohin das führen kann.
Margaret Atwood
Es liegt auf der Hand, dass mich die Literatursuche zur preisgekrönten Kanadischen Autorin Margaret Atwood führte. Vor Jahren hatte ich schon ihr bekanntestes Buch gelesen: „Der Report der Magd“, dass mittlerweile auch zu einer mir noch unbekannten Fernsehserie geworden ist. Ich entschied mich für ihren Roman „Das Jahr der Flut“ , ohne zu wissen, dass ich mit ihm mitten in einer Trilogie gelandet bin.
Das Jahr der Flut
Die Zukunft, die Margaret Atwood im Buch schafft, liegt nicht weit entfernt. Große Konzerne beherrschen die Welt. Tobitha, kurz Toby genannt steht nach dem Tod der Eltern, der von einem Konzern verantwortet wurde, alleine und ohne Identität da. Ihr bleiben nicht viele Möglichkeiten Geld zu verdienen, also beginnt sie bei GeheimBurger, einem Konzern der alle möglichen Fleischfutzerl zu Burgern verwurstet, zu arbeiten. Ihr Vorgesetzter ist der brutalen Vergewaltiger Blanco. Toby rückt in seinen Focus und muss daher um ihr Leben fürchten, also flüchtet sie und erhält von den Gottesgärtner unterschlupf. Die Gottesgärtner sind eine Art religiöse Sekte, die sich auf eine große, vernichtende, wasserlose Flut vorbereiten. Das Führungteam dort besteht aus Adams und Evas, die dafür Sorgen, dass die Mitglieder Wissen über die Natur anhäufen, Dinge selbst herstellen, Vorratslager anlegen und sich selbst versorgen können. Ihnen ist die Unabhängigkeit von den Konzernen wichtig. Toby findet sich langsam ein und wird selbst zu einer Eva. Bei den Gottesgärtner gibt es auch etliche Kinder, unter anderem die kleine Ren, die mit ihrer Mutter ebenfalls aus der normalen Welt geflüchtet war, aber um eines Mannes willen. Zeb ist einer der wichtigsten und stärksten Gottesgärnter, weil er sich auch in der brutalen Außenwelt durchsetzen kann. Ren verliebt sich in den geheimnisvollen Jimmy, der der Sohn eines Konzernmitarbeiters ist aber auch für die Gärtner als Bote und Informant fungiert. Natürlich kommt die wasserlose Flut, es ist eine Seuche, die der Gesundheitskonzern selbst ins Leben gesetzt hat. Die Menschen sterben schnell und qualvoll. Die Welt ist nachher fast leer, aber erstaunlich viele Gärtner überleben. Auch die von Jimmy und seinem Freund Crake gezüchtete Rasse der neuen Menschen kann die Seuche nichts anhaben. Der Schluss des Romans bleibt offen, aber mehr aus dieser Welt erfährt man im Vorläuferroman „Oryx und Crake“, der auf Jimmys Geschichte eingeht, und im später erscheinen Roman kann man „Die Geschichte von Zeb“ nachlesen.
Margaret Antwort sieht die Extreme. Die einen lassen sich von dem Glitzer, dem Gefunkel und der Bequemlichkeit, die die großen Konzerne versprechen, einlullen, dass ist die normale Welt. Und einige wenige glauben an Gott und seine Schöpfung und wenden sich wieder der Natur zu. Sie üben Survivaltechniken, die ihnen später zugute kommen. Margaret Atwood packt mich dabei in meiner Angst. Auch ich sehe, dass unser Konsumverhalten bald nicht mehr tragbar sein wird. Und auch meine Reaktion ist zuerst den Konsum zu reduzieren und die Natur besser kennenzulernen und ein gewisses Selbstversorger Know-How aufzubauen.
Was ich auch sehr am Roman mochte, sind die vielschichtigen Figuren. Die zähe Toby ist mir ans Herz gewachsen. Auch über andere wollte ich sehr gerne mehr erfahren und werde deshalb die beiden anderen Teile der Trilogie auch lesen. Ich habe auch fein eingewebten Humor gefunden und bewunderte die Lust am Erfinden der Autorin. Ich kann mir richtig vorstellen, wie sie am Schreibtisch sitzt, in die Tasten haut und dabei von einem Ohr zum anderen grinst. Mein persönliches Fazit ist, wenn es eine Dystopie sein muss, dann bitte nur auf einem Margaret Atwood Niveau!
Eine kurze Geschichte der Menschheit
Manchmal bin ich selbst total über meine Buchauswahl erstaunt, den parallel zu diesem Roman habe ich spontan in der Bahnhofsbuchhandlung „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ von Yuval Noah Harari gekauft. Und das Sachbuch passt perfekt zum Roman. Es ist, als ob gewisse Bücher von mir zu gewissen Zeiten gefunden werden wollen.
Yuval Noah Harari ist ein junger israelischer Geschichtsprofessor, der komplexe Dinge sehr einfach und verständlich darlegen kann. Er beginnt mit den Funden unserer ersten Vorfahren, versucht das Geheimnis zu lösen, wie sich der Homo sapiens gegen die anderen Menschenvorläufer durchsetzen konnte. Dann erklärt er, dass die landwirtschaftliche Revolution und die damit einhergehende Sesshaftigkeit nicht zum Vorteil der Menschen war. Er erzählt, wie wichtig Weltreiche waren, wie uns die wissenschaftlich Revolution wirklich in die ganze Welt geführt hat, warum der Kapitalismus notwendig wurde, wie die Industrie unser Leben prägte und warum ständig Revolutionen stattfinden. Zum Schluss gibt er pessimistische Ausblicke in die Zukunft.
Ich habe mir in dieses Buch sehr, sehr viele Eselohren gebogen, um mir gewisse Stellen zu merken und in Ruhe, darüber nachdenken zu können. „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ ist ein Buch, dass ich gerne nochmal lesen werde. Sehr viele Erkenntnis waren für mich neu. Erfrischend fand ich auch, dass der Autor die Kategorie des Glücks in die Geschichte einführte. Wir denken, wir werden mit dem Fortschritt glücklicher, aber von diesem Gedanken kann man sich nach der Lektüre des Buches verabschieden. „Wir können nicht erklären, warum die Geschichte welche Wendung nimmt, aber eines können wir festhalten: Sie entwickelt sich nicht zum Nutzen des Menschen.“ S295
Beide Bücher ergeben eine wunderbare Basis, um über den Menschen und seine Taten nachzudenken und zu überlegen, wozu man selber beitragen will.
Margaret Atwood
„Das Jahr der Flut“
Piper Verlag
Erschienen am 02.10.2017
Übersetzer: Monika Schmalz
480 Seiten, Broschur
ISBN 978-3-492-31341-4
12 € (D)
Yuval Noah Harari
„Eine kurze Geschichte der Menschheit“
Aus dem Englischen von Jürgen Neubauer
Originaltitel: Brief History of Man
Paperback, Klappenbroschur, 528 Seiten, 12,5 x 20,0 cm
mit Abbildungen
ISBN: 978-3-570-55269-8
€ 14,99 [D] | € 15,50 [A] | CHF 21,50* (* empfohlener Verkaufspreis)
Verlag: Pantheon
Erschienen: 20.02.2015
Hallo,
von Margaret Atwood habe ich bisher nur „Der Report der Magd“ gelesen, und „Das Herz kommt zuletzt“ liegt hier und wartet darauf, gelesen zu werden.
„Das Jahr der Flut“ steht noch auf meiner Merkliste, zusammen mit allen Büchern der Autorin.
Ich lese gerne Dystopien, aber in den letzten Jahren sind davon für meinen Geschmack zu viele mit kitschigen Liebesgeschichten erschienen….
„Eine kurze Geschichte der Menschheit“ muss ich mir mal näher ansehen, das klingt interessant.
Ich habe diesen Beitrag HIER für meine Kreuzfahrt durchs Meer der Buchblogs verlinkt.
LG,
Mikka
Liebe Mikka,
vielen Dank für die Verlinkung!
So habe ich nun auch Gelegenheit dein Blog kennenzulernen.
Unser Lesegeschmack überschneidet sich zwar nur in einer kleinen Schnittmenge, aber mir gefällt, wie du ans Bloggen herangehst. Die Kreuzfahrt ist eine tolle Idee!
Ganz liebe Grüße,
Susanne