Warum ich nie wieder lesefasten werde – Teil 5: Unerwünschte Nebenwirkungen

Abdruck der Blumentöpfe am Holz

Fasten bricht Gewohnheiten auf. Über Gewohnheiten muss ich mir keine Gedanken machen, die passieren so nebenbei und kosten wenig Energie. Gewohnheiten halten ein System stabil. Nimmt man eine Gewohnheit weg, kommt das System ins Schwanken. Es schwankte ordentlich, nicht nur für mich, sondern auch für meine Familie. Größere Konflikte zeigten sich, die sich durch das Lesen normalerweise gut kaschieren lassen.

Lesen schafft Abstand zu sich, aber auch zu den Menschen, die sich mit einem im Raum befinden. Man sitzt zwar da, ist aber nicht anwesend. Man beamt sich weg.

Ohne Lesen muss man die Realität aushalten, die ziehende Langeweile im Arztwarteraum, die traurigen Menschen in der U-Bahn, ihre Gesichter den Handys zugewandt, die mitleidigen Blicke, wenn man alleine im Kaffeehaus sitzt.

Umgekehrt, müssen die anderen einen auch plötzlich aushalten. Sitzt man sonst doch ruhig mit einem Buch in einer Ecke, will man plötzlich Aufmerksamkeit, die das Gegenüber nicht aufbringen mag, denn es hat sich ja schon auf eine pflegeleichte Leserin eingerichtet. Plötzlich gab es da neue Bedürfnisse mit denen man umgehen lernen musste. Natürlich krachte es.

Denn wegen nicht so nachhaltiger Entspannungsmethoden lagen meine Nerven blank. Die kleinste Kleinigkeit treib mich schon zu Weißglut. Ich glaube, auch die Menschen im meinem Umfeld werden froh sein, wenn sie mich wieder mit einem Buch in der Hand sehen.