Selbstversuch Bücherfasten

Erstmals in meinem Leseleben probiere ich so etwas total Abwegiges aus.

So leer ist mein Nachtkästchen sonst nie

Die einen Essen kein Fleisch, die anderen trinken keinen Alkohol, die dritten essen nichts Süßes in der Fastenzeit. Ich werde heuer auf das Genussmittel verzichten, was ich am liebsten habe: Bücher.

Schon wenn ich darüber schreibe, wird mir mulmig zumute. Was werde ich denn mit all der nun übrig bleibenden Zeit anfangen? Es handelt sich dabei um täglich zwei Fahrten mit der U-Bahn und um eine abendliche 1-2-stündige Lesezeit. Natürlich braucht es für ein solches Vorhaben Regeln und auch Ausnahmen.

Zuerst zu den Regeln: Ich darf bis zum Ostersamstag Abend keine Roman lesen. Ich darf auch keine Graphic Novels und keine Magazine lesen. Kochbücher darf ich nur zur Hand nehmen, um ein einziges Rezept herauszulesen. Keine Sachbücher, keine Ratgeber, keine Hörbücher. Eine weitere Grundregel muss sein, dass sich deswegen mein Fernsehkonsum nicht erhöhen darf. Ich habe vor, weiterhin nur einmal in der Woche fernzusehen. Auch der Facebookkonsum muss gleich bleiben.

Einige Ausnahmen gönne ich mir:

  • Ich darf Kinderbücher lesen. Mein Sohn lernt gerade das Lesen und da muss ich noch aktiv mithelfen. Da können wir nicht einfach 40 Tage aussetzen.
  • Ich darf Wochenzeitschriften lesen. Das brauche ich, um mein Wissen über das Zeitgeschehen aufrecht zu erhalten. Konkret sind das in der Woche einmal der Falter und die Zeit (Ja, ich weiß, die Zeit gilt schon als massiver Lesestoff. In normalen Phasen schaffte ich sie aber mit 1-2-wöchiger Verspätung durchzuackern.)
  • Ich darf Blogs lesen, einfach um auf dem Laufenden zu bleiben.
  • Ich darf lesen, was ich selbst geschrieben habe, sei es in der Arbeit oder Privat. Also auch meine Blogtexte.
  • Ich darf etwaig notwendige Fachbücher für meinen Brotberuf lesen.

Ich muss gestehen, wohl ist mir bei der Sache nicht, aber das soll ja der Zweck des Fastens sein. Es darf einem nicht leicht fallen: Verzicht und Selbstdisziplin. Bücherverzicht habe ich mein Leseleben lang noch nie praktiziert und ein Haufen Fragen kreisen in meinem Kopf.

Werde ich Entzugserscheinungen haben? Werde ich mich mit zitternden Händen in dunklen Ecken neben Buchhandlungen herumdrücken? Wird mein Leben leerer, langweiliger werden? Werde ich das Kleingedruckte auf der Milchflasche eingehend studieren? Werde ich unleidlich oder sonderbar werden werden? Werde ich bei meiner Schwester stundenlang das Klo blockieren, weil dort immer ein Stapel Magazine zu finden ist? Wie werde ich mich entspannen? Werde ich in der U-Bahn heimlich in den Romanen der Sitznachbarn mitlesen? Werde ich weinen, wenn ich Bücher in die Bücherei zurückgebe, und mir keine neuen aussuchen darf. Werde ich mich einsam und verloren fühlen? Werde ich mir eine andere Sucht suchen? (Bin ich krank?)Was ist wenn ich einmal krank werde? Wie soll ich da die Zeit vertreiben, was soll ich sonst tun außer schlafen?

Gleichzeitig interessiert mich, ob sich neue Möglichkeiten in meinem Leben auftun werden. Werde ich mich öfters am Abend mit Freunden treffen? Werde ich mehr schlafen? Werde ich mehr zeichnen? Werde ich zu häkeln beginnen? Werde ich Yoga machen (natürlich nicht in der U-Bahn)? Oder werde ich wieder schreiben? Eine kleine Kurzgeschichte vielleicht?

Was wird mit dem freien Platz in meinem Leben passieren?

Ich halte dich auf dem Laufenden.

Und keine Sorge, ich habe in letzter Zeit genug Romane gelesen, damit ich das Blog weiterhin regelmäßig befüllen kann und gut über die Fastenzeit bringe.