Der Esel Hodi lebt am Ende der Welt

Michaela, die Herzerwärmende

Im Dritten Teil der Burgenlandserie geht es heute lustig zu:

Teta Jelka überfährt ein Hendl

Kroatisch Minihof, auf Kroatisch Mjenovo genannt, liegt am Ende der Welt. Und ganz am Rand des Endes der Welt lebt der Esel Hodi. Der schöne Esel lässt sich von zwei Mädchen adoptieren, von Jelka und Margit, beide leben in einem Streckhof auf derselben Adresse und wachsen nur durch den Hof getrennt miteinander auf. Die Eltern und Brüder der Mädchen sind ausgewandert, sie leben mit den Großeltern. Doch diese leben auch nicht lange, und so bleiben sich nur die zwei Mädchen als gegenseitige Stütze. Burgenland ist von den Russen besetzt. Und viele Männer sind nur mehr halb und wenn, dann liebeskrank.

„Teta Jelka überfährt ein Huhn Hendl“ von Michaela Frühstück hört sich demnach nach einer traurigen Geschichte an, wäre da nicht ihr literarische Vorbild Giovannino Guareschi, der Autor, der Don Camillo und Pepone geschrieben hat. Minihofs Pfarrer, genannt Don Stipe, ist ein großer Fan von Don Camillo. Als Jelka, seinem Hendl Viktorija zwei Zehen mit dem Rad abfährt und das Hendl behalten will, bietet der Pfarrer Jelka als Gegengeschäft an, sie müsse mit ihm jeden Samstag einen Teil der Geschichte Don Camillos szenisch lesen. Dieses Arrangement entwickelt eine gewisse Eigendynamik, die zwanzig Jahre später zu berühmten Festspielen und etlichen Liebesgeschichten führt. Auch Margit, die Geschichten, die wahr werden sollen, auf der Schreibmaschine, auf der das „s“ nicht mehr geht, schreibt, trägt einen großen Teil zur turbulenten Handlungsentwicklung bei.

„Teta Jelka überfährt ein Huhn Hendl“ ist extrem liebevoll gemacht. Die Figuren sind so herzerwärmend, werden so nachsichtig behandelt, so umsorgt von der Autorin. Sie essen Schmalzbrot und Grammelpogatscherl und Rahmsuppe mit Sterz und eingelegte Gurken. Sie glauben an eine gewisse Magie, sind auch ein wenig rührseelig und oftmals auch traurig. Und speziell die Männer geraten hilflos in einen Strudel der Gefühle, aus dem sie den Ausweg nur durch Wanderschaft finden. Oder sie versuchen sich übers Kochen auszudrücken oder sagen unter massiven Slivovic-Einfluss die Wahrheit. Es gibt hier auch so eine Sehnsucht nach der Welt, nach etwas Besserem. Aber gleichzeitig, wird das Hier und Jetzt zelebriert und gerne Mulatschag gefeiert. Näher kann man der mittelburgenländischen Seele nicht kommen!

Vor dem historischen Hintergrund der Russenbesatzung gab es Armut und große Angst. Junge Mädchen sollten am Abend lieber nicht allein außer Haus gehen. Jelka versichert sich des öfteren, dass die Luft rein ist oder die Bewohner Minihofs benutzen diverse unterirdische Geheimgänge. Viele Burgenländer wanderten nach Amerika aus. Bei Chicago, in South Bend, gibt es auch heute noch die größte Ansiedlung von Minihofern. Auch Margits Eltern leben dort. Und die Straße, in der die Mädchen in Minihof leben, heißt dementsprechend Sotbend. Diese Straße gibt es wirklich.

Das Buch ist für mich ein burgenländisches Standardwerk. Man kann es öfters lesen, schmunzelt dabei durchgehend und kultiviert eine Sehnsucht im Herzen. Und man bekommt Lust auf gutes burgenländisches Essen. Ich will mehr davon!

Über die Autorin Michaela Frühstück habe ich herausgefunden, dass sie als Journalistin tätig ist, und hauptsächlich Kurzgeschichten schreibt. Ich hoffe aber inständig auf einen weiteren Roman. Der Verlagshaus edition lex liszt 12 wurde im OHO gegründet und hat die Aufgabe das burgenländische Schaffen auch im Hinblick auf Zeitgeschichte und Mehrsprachigkeit abzubilden.


Michaela Frühstück
„Teta Jelka überfährt ein Huhn Hendl
edition lex liszt 12
2012
17€