Manchmal träume ich davon, mein Leben ausschließlich mit Büchern zu verbringen. Ich möchte mich in Räumen mit vielen, vielen Büchern aufhalten, durch Seiten blättern, mich in Geschichten zu verlieren. Ab und zu einen Schluck von der heißen Schokolade nehmen. Die einzige Arbeit, die ich dann machen möchte, wäre Bibliothekarin oder Buchhändlerin. Das stelle ich mir sehr romantisch und erfüllend vor.
Dann hilft es nur die Facebookeinträge der Bücherei Wien zu verfolgen (die auch in einem Buch gesammelt sind „Wo stehen hier die E-Books“) und die Realität hat mich wieder. Es gibt in jedem Job unangenehme Seiten. Im Büchergeschäft dürften es die Leser sein.
Die Wiener Buchhändlerin Petra Hartlieb betont, ihre Kunden seien größtenteils freundlich, nett und hilfsbereit, aber gibt es auch die anderen. In „Meine wunderbare Buchhandlung“ räumt Hartlieb mit allen romantischen Träumen auf und zeigt den Alltag in der Buchhandlung. Vor allem das Weihnachstgeschäft dürfte sehr kräfteraubend sein.
Hartlieb ist eine Quereinsteigerin und kam zum Buchgeschäft durch Träumerei und Zufall. Sie ist eine Kämpferin für die kleinen Buchhandlungen und wirbt um Verständnis für ihre Profession. Zudem kann die Frau auch noch ganz lebendig schreiben. Manchmal einen Hauch wehleidig, oder dann wieder selbstherrlich, aber nicht soviel, dass man das Büchlein aus der Hand legen mag. Das Fazit ist, kauft doch in den kleinen Buchhandlungen, der Preis ist derselbe.
Petra Hartlieb empfiehlt in ihrem Büchlein ein Werk ganz eindringlich, das sogleich das nächste auf meiner Leseliste wurde. „Der Schrecken verliert sich vor Ort“ ist ein Roman über Auschwitzüberlebende von Monika Held, einer deutschen Autorin und Journalistin.
Der Wiener Heiner wird als politischer Häftling nach Auschwitz deportiert. Er schreibt dort Sterbemeldungen von Häftlingen und überlebt mit der Hilfe einiger Freunde.
Bei den anschließenden Prozessen, in denen er gegen die ehemaligen Wärter aussagt, bricht er zusammen und die Deutsche Lena hilft ihm wieder auf die Beine. Die beiden verlieben sich und werden ein Paar. Lena berichtet, was es heißt, mit einem Überlebenden zusammenzuleben. Das kann bedeuten, dass Gäste mit einem Glas gefüllt mit einem weißen körnigen Inhalt konfrontiert werden, der zermalmten Knochen von KZ-Insassen. Heiner will, dass Lena versteht, dass sie nachfühlen kann, was er mitgemacht hat.
Gemeinsam besuchen sie andere Überlebende, Heiners Freunde, in Polen und so lernen Lena und der Leser verschiedene Lebensentwürfe nach der extremen Hafterfahrung kennen. Ein Freund lebt als Touristenguide noch immer am Ausschwitzgelände, er kommt nicht mehr davon los. Alle ehemaligen Häftlinge schlingen das Essen hinunter, denn was im Bauch ist, kann dir niemand mehr stehlen. Dazwischen werden auch für den Leser schmerzhafte Rückblicke in die Lagerzeit eingestreut.
Das Buch ist eine sehr gute Empfehlung. Aber bitte nicht in der U-Bahn lesen, es könnte Tränen geben.