Mit „timschal“ ins neue Jahr

In den letzten zwei Monaten habe ich neben Sachbüchern und Zeitschriften nur an einem einzigen Roman gelesen. Und das gerne und extra langsam. Denn er trägt einen Gedanken, der mich auch im Alltag beschäftigt.

Ich habe auf dem Kirchenflohmarkt (!) von John Steinbeck „Jenseits von Eden“ erstanden, in einer alten Donaulandausgabe mit seltsamer Silbentrennung. Aber das hat mich beim Lesen nur anfangs gestört.

Dann bin ich in die Familiengeschichte der Trasks und Hamiltons gestürzt. In diesem epischen Roman über mehrere Generationen hinweg wird die Brudermordgeschichte aus der Bibel verhandelt. Der biblische Kain tötet seinen Bruder Abel, weil Kains Arbeit von Gott nicht gewürdigt wird, im Gegensatz zu der seines Bruders.

In Genesis 4,7 erklärt Gott Kain, wie er mit der mit der Sünde umgehen soll. Was er konkret sagt, ist in den verschiedenen Übersetzungen unterschiedlich ausgelegt. „Du wirst über die Sünde herrschen“, ist eine Verheißung, dass es den Menschen gelingen wird über die Sünde zu überwinden.„Du sollst über die Sünde herrschen“, ist als Befehl formuliert. Gott will, dass wir uns Mühe geben gegen die Sünde anzukämpfen. Auch meinen beiden Bibelausgaben hängen an der Befehlsform („Du aber herrsche über sie.“ (Luther), „Du musst Herr über sie sein.“ (Gute Nachricht))

John Steinbeck lässt seine Protagonisten nach dem Ursprungswort der Bibel forschen. Im Hebräischen heißt das entscheidende Verb „timschal“, was soviel bedeutet wie „du kannst, du magst“.

„Du kannst über die Sünde herrschen.“ Du hast also die Wahl. Du musst nicht, du kannst dich entscheiden. Aber du hast beide Möglichkeit.

Das ist der Gedanke, der den ganzen Roman „Jenseits von Eden“ trägt.

Das heißt, nicht ein Gott, nicht dein Schicksal, nicht deine Veranlagung, nicht deine Herkunft, sondern du selbst bestimmst, ob du Schlechtes oder Gutes tust.

Also, was wirst du tun?