Vom Schlomuckel

Nun habe ich das überhaupt lustigste Schwangeren- und Jungmutterbuch geschenkt bekommen. Meine Freundin, Mutter eines Zweijährigen, hat beim Lesen herzhaft gelacht und war in zwei fertig mit dem Buch, bevor sie es mir geschenkt hat. Ich kann es auch Nicht-Müttern empfehlen. Denn sogar meine (noch?) kinderlose Schwester, die normalerweise im Kabarett keinen Mundwinkel verzieht, hat fast laut lachen müssen. Erschienen ist das Buch im August 2012, also ein wenig zu spät für meine vorjährige Serie vom Mutterleseglück.

Die deutsche Autorin Ildiko von Kürthy schreibt in „Unter dem Herzen – Ansichten einer neugeborenen Mutter“ in Tagebuchform über ihre erste Schwangerschaft und das erste Jahr mit dem Kind. Die Beiträge sind ehrlich und so wirklichkeitsnah, dass ich mich oft genug in meiner Jungmutterhysterie ertappt fühlte. Die Autorin hat erkannt, dass der Witz am Muttersein vor allem ist, dass es ganz, ganz anders ist, als man es sich vorgestellt hat. Und die guten Vorsätze werden so schnell über Bord geworfen, wie sich der Mistkübeldeckel über einer dampfenden Windel schließt.

Die Autorin macht es der Leserin irrsinnig leicht sich mit ihr zu identifizieren. Folgendes nimmt sich doch jede Frau mit positiven Schwangerschaftstest vor, oder?

„Ich wollte unbedingt eine lässige, eine untypische Mama werden. Das hatte ich mir geschworen, als sich beim Pipi-Test die zweite Linie zeigte. Gut gekleidet, gut verdienend, gut ausgeschlafen, gut informiert über das Weltgeschehen und mein einem Freundeskreis, in dem über neue Filme und nicht über neue Windelentsorgungssysteme diskutiert wird.“

Natürlich gelingt das alles, weder Frau Kürthy, noch wahrscheinlich der werten Leserin. Ich selbst trage nur mehr alte Kleider, weil sie schon beim Frühstück mit Kind mit absoluter Sicherheit Flecken bekommen. Zur Zeit lebe ich vom Erspartem und nutze nach wie vor jeden Mittagsschlaf des Sohnemanns um mein Schlafdefizit seines ersten Lebensjahres auszugleichen. Und wenn ich einmal wieder die Nachrichten schaue, kommt es vor, dass ich meinen Mann fragen muss, was da in Istanbul los ist und lese das dann irritiert in der Wochenzeitung Falter nach.

Die neuesten Filme lasse ich mir von meiner Schwester erzählen, während sie gerade mit dem Sohnemann tobt und nehme mir vor, sie dann im zwei Jahren im Fernsehen nicht zu verpassen.

Aber zurück zum Buch. Was mir ausnehmend gut gefallen hat, war kreative Verwendung des Arbeitsnamens von Frau Kürthys Baby. Schlomo nennt sie den Zwerg in ihrem Bauch und wandelt den Namen je nach Stimmung unterschiedlich ab: Schlomenberger, Schlominsky, Schlomuckel oder Schlömchen kommen da vor. Lange haben meine Schwester und ich gerätselt, ob die Autorin ihren Sohn tatsächlich so getauft hat. Meine Schwester meinte, das sei ja nicht einmal ein richtiger Name, worauf sie aus Zeruya Shalevs „Liebesleben“ lernen musste, dass Schlomo sehr wohl ein traditionell jüdischer Name ist. Ein kurze Internetrecherche hat schließlich ergeben, dass Frau von Kürthys erster Sohn, passend zu ihren Wurzeln, traditionell ungarisch Gabor heißt.